Wie sich Kampagnen durch überzogene Einzelaktionen unbeliebt machen können: Das Beispiel der Bauern

(sel) am 16.11.2019. Vor einer Woche haben 20 Bauern in Braunschweig, Niedersachsen, das Haus eines Journalisten der Braunschweiger Zeitung belagert - weil ihnen dessen Berichterstattung zu den Bauernprotesten und dem Streit um die Umweltauflagen für Landwirte nicht gefiel. Im benachbarten Landkreis Wolfenbüttel wurde eine Grünen-Politikerin an ihrer Privatadresse ähnlich angegangen - aufgrund einer Pressemitteilung zum Thema. In Bayern haben Bauern, denen die Berichterstattung einer Redakteurin des Bayerischen Rundfunks nicht gefiel, auf der Petitionsplattform change.org einen Aufruf gestartet, die Journalistin, eine Spezialistin für Landwirtschaftsthemen, zu entlassen, weil sie angeblich nicht neutral über die Anliegen und die Proteste der Bauern berichte.
Protestierende Bauern haben im Prinzip oft große Teile der Gesellschaft und der Öffentlichkeit auf ihrer Seite. Jeder versteht, warum Milchpreise auf Dumpingniveau Höfe gefährden können, dass Agrarsubventionen möglicherweise ungerecht verteilt werden oder dass restriktive Auflagen (etwa zu Umweltfragen, das ist ja derzeit Thema) kleinen Betrieben große Probleme bereiten können, wenn nicht gleichzeitig materielle Anreize (etwa durch Umverteilung der Subventionen) gesetzt werden. Die Kampagne der Bauern müsste also eigentlich eine positive Wirkung zeigen, mehr Verständnis für das Anliegen wecken. Durch Einzelaktionen wie oben beschrieben, kann aber die Glaubwürdigkeit einer ganzen großen Bewegung diskreditiert werden. Wer keinen Respekt vor der Privatsphäre anderer, vor dem Recht von Politikern auf eine Meinung oder auch Grundrechten wie der Pressefreiheit hat: dem droht ebenfalls ein Verlust an Respekt. Solche überzogenen Einzelaktionen, so sie öffentlich werden, können also im Zweifel den Erfolg einer ganzen Kampagne gefährden.

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