Die rosige Zukunft der Kampagne „Housing for all“ und das Instrument Europäische Bürgerinitiative (EBI)
(sel) am 07.11.2019. Seit März dieses Jahres läuft die europaweite Initiative „Housing for all“, ins Leben gerufen von EU-Bürgern aus sieben Ländern, darunter Heidrun Maier-de Kruijff und Karin Zauner-Lohmeyer aus Österreich, wo (in Wien) der mittlerweile gegründete Trägerverein für die Bewegung auch seinen Sitz hat. Die Forderung von „Housing for all“ lässt sich simpel zusammenfassen: Viele Menschen können sich die Mieten in den Städten nicht mehr, 4 Millionen Obdachlose kann sich ein reiches EU-Europa nicht leisten, das nicht akzeptieren. Der soziale Wohnungsbau ist überall in den EU-Ländern auf dem Rückzug. Die Gesetze müssen EU-weit so geändert werden, dass wieder deutlich mehr in günstigen Wohnraum investiert wird. Gemeinnützige Wohnungsbauträger müssen von den EU-Institutionen wie der Investitionsbank bevorzugt gefördert und finanziert werden. Die Kampagne fordert zudem, dass Kurzzeitvermietungen (wie etwa über und von airbnb) reguliert werden und dass die Wohnbedarfe aller EU-Bürger statistisch erfasst werden.
Das noch recht neue und unbekannte Instrument der so genannten Europäischen Bürgerinitiative (EBI), welches der Verein nutzt, sieht vor, dass die Initiatoren ein Jahr (bis zum 18.03.2020) Zeit haben, um eine Million gültige Unterschriften (in mindestens einem Viertel der EU-Staaten) zu sammeln. Schafft die Kampagne „Housing for all“ das, muss sich die neue EU-Kommission von Ursula von der Leyen mit dem Thema befassen. Ähnlich wie bei EU-Wahlen (die unter geringer Wahrnehmung und Beteiligung leiden) ist es für eine europaweite Initiative schwer, in allen Ländern ausreichend Aufmerksamkeit zu erregen. Eine solche Initiative war allerdings schon einmal erfolgreich: 2014 ging die EBI „Right2water“ gegen die Privatisierung der Trinkwasserversorgung vor – 1, 9 Millionen Menschen aus der EU unterschrieben.
„Housing for all“ hat kaum Mittel für Marketing. Bei dieser Kampagne spielen das mitterweile ja sehr beachtete Thema (in vielen Ländern, so auch in Deutschland, gibt es starke Bewegungen gegen steigende Mieten) sowie der Netzwerkgedanke eine große Rolle. Nicht nur sollen alle Unterschreibenden die Kampagne anschließend mit ihren Freunden teilen. Auch große Interessenverbände wie Gewerkschaften und Mieterverbände haben sich eingeschaltet und versuchen, ihre Mitglieder und ihr Umfeld für „Housing for all“ zu mobilisieren. Obwohl das Kern- und Gründungsteam der Initiative aus nur sieben Menschen besteht, denen zudem kaum Geld zur Verfügung steht, hat „Housing for all“ eine gute bis sehr gute Chance, die bislang erfolgreichste Europäische Bürgerinitiative aller Zeiten zu werden – und vielleicht wirklich etwas zu verändern.
(c) Housing for all