Die Hamburger Impfkampagne für Obdachlose: sehr lobenswert, aber es gibt vielleicht Systemlücken

(sel) am 30.04.2021. Die Freie und Hansestadt Hamburg (FHH) lässt nun seit Tagen lobens- und dankenswerterweise auch Obdachlose impfen. Dafür wurden und werden extra knapp 5000 Dosen des Impfstoffs von Johnson & Johnson bestellt und vorgehalten, deren Vorteil hier darin besteht, dass nur ein Impftermin für den COVID19-Schutz notwendig ist. Siehe etwa hier.  

Die große Frage ist allerdings: Wie wird ein System daraus, in dem geimpfte und/oder getestete Hamburger Obdachlose genauso wie der Rest der Bevölkerung - etwa über die Corona/Pandemiebekämpfungs-Taskforces der (in HH) sieben bezirklichen Gesundheitsämter erreicht, erfasst und damit von den Rechten und Pflichten des Infektionsschutzgesetzes genauso profitieren wie alle anderen Menschen auch - und betreut werden können. Diese Frage scheint bislang ungeklärt zu sein.

Es gibt zum Beispiel Initiativen dieser Art, hier beispielhaft eine jüngste Zusammenarbeit zwischen dem DRK und dem Hamburger Hilfsverein "CaFée mit Herz". Aber was ist mit den anderen?

Für Menschen ohne festen Wohnsitz ist für vielerlei Fragen in Hamburg grundsätzlich ein einziges großes Bezirksamt (das in Hamburg-Mitte) zuständig. Da - an diesem Beispiel - das CaFée mit Herz etwa in Hamburg Mitte liegt, dürfte hier eine Anbindung an das allgemeine Hamburger Pandemiebekämpfungssystem über die bezirklichen Gesundheitsämter recht gut geregelt sein. Aber was ist mit den anderen, mit denen, die in anderen Bezirken unterwegs sind, auf der Straße? Ihr Name auch in Hamburg: ist Legion.

Die FHH (Hamburg) spricht, s. o. Link beispielhafte Berichterstattung von t-online.de, davon, dass über die festen Übernachtungsplätze (wie etwa das bekannte Winternotprogramm/WNP und andere städtische Stellen) derzeit ca. 1000 Obdachlose in der Stadt für die extra ins Leben gerufene Impfkampagne mit dem Johnson & Johnson-Vakzin erreicht werden können. Dazu mögen derzeit sukzessive einige hundert über Initiativen der oben geschilderten Art des "CaFée mit Herz" kommen. Aber was ist mit den anderen?

Was geschieht mit Tausenden von Obdachlosen, die keine direkte Anbindung an eine Einrichtung (wie etwa hier bsp.haft das "CaFée mit Herz" auf St. Pauli) oder an einen befreundeten Haushalt haben, die somit weder von der städtischen noch von privat initiierten Impfkampagnen über mobile Teams und zudem von den für die Pandemiebekämpfung in ihrem jeweiligen Bezirk zuständigen Gesundheitsämtern außerhalb von Hamburg-Mitte nicht direkt erreicht, geschweige denn sauber dokumentiert werden können?

Diese Frage scheint in Hamburg derzeit ungeklärt. Was in Bezug auf die COVID19-Schutzimpfung und mit dem damit ja einhergehenden Pandemiebekämpfungssystem über die Ämter, mit vielen Obdachlosen in Hamburg passieren wird, ist mir derzeit ein Rätsel, trotz der sehr lobenswerten Hamburger Impfkampagne. Viele dieser Menschen sind einfach in ganz anderen Bezirken als in Hamburg-Mitte unterwegs, etwa im bevölkerungsreichsten Hamburger Bezirk Wandsbek. Und ihre Zahl, die Zahl der - hier - quasi Vergessenen, umfasst mindestens (!) einige Tausend, darunter ein Gutteil Ost- und Südosteuropäer, so genannte EU-Ausländer, bei denen eine soziale Anbindung sowieso oft sehr schwierig ist.

Liebe Vertreter der FHH, bitte impft nicht nur bei Gelegenheit die Erreichbaren, sondern betreut auch diese vielen - sehr diversen - Obdachlosen komplett coronakonform gemäß Infektionsschutzgesetz wie uns alle Bürger und Gäste Hamburgs!

Etwa, indem Ihr sie routinemäßig in derzeit ja überwiegend leerstehenden Hotelzimmern unterbringt und so für eine Impfkampagne, oder etwa für Maßnahmen der zuständigen Gesundheitsämter - einfach erreichbar macht. Das grundsätzlich ja sehr gute und professionell überlegt daherkommende Pandemiebekämpfungssystem Hamburgs weist hier irgendwie eine Art Lücke auf. Aber es wird und würde auch diese zusätzlichen Maßnahmen hinkriegen, da bin ich mir sehr sicher.

Der Plan für die Obdachlosenfrage in der Pandemie wäre schnell geschrieben und würde auch zeitnah von den zuständigen Profi-Taskforces umgesetzt, etwa seitens der sieben zuständigen Gesundheitsämter.

Manches ist, wäre, so einfach. Man muss nur machen - und das sozial- und gesundheitspolitisch wollen. Hamburg, lass Deine Ärmsten nicht allein!





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