Kampagne gegen ein Ärztebewertungsportal: Wie man über Kommunikation einen Rechtsstreit umgeht - oder provoziert

(sel) am 29.10.2019. In diesen Tagen läuft gerade eine (bisher noch nicht öffentliche) Kampagne gegen ein in Deutschland großes und populäres Portal zur Bewertung von medizinischen Leistungen (Behandlungen), üblicherweise ja v. a. von niedergelassenen Ärzten. An dieser Stelle kann wg. Vertraulichkeitsabreden, Fairness und Datenschutz nur das Prinzip dieser Kampagne erläutert werden. Intern liegen alle Informationen rechtssicher vor und werden ggf. auch noch veröffentlicht. Hier erst einmal das Prinzip:

Das Versprechen dieser Portale ist in der Regel die Möglichkeit einer anonymen Bewertung durch Patienten sowie natürlich das entsprechend öffentlich einsehbare Feedback an die behandelnden Ärzte. Die Portale sind umstritten, nicht nur, weil sie (verdeckt) meist Ärzte bevorzugen, die für diese unterschiedlich zu bewertende "Leistung" eine Extragebühr zahlen. Zudem sind so gut wie alle Ärzte „zwangs“-gelistet, wer als Mediziner aus diesem System raus will, dem wird das in der Regel verwehrt. Unter anderem dazu gab es schon viele Verfahren vor Gericht, Erfolge für Ärzte, und sicherlich auch stillschweigende Vereinbarungen. Möglicherweise gibt es (im rechtlichen Sinne) unternehmerisch sowieso keine Zukunft für diese Ärztebewertungsportale, und zwar vor allem aufgrund des Einwirkens der DSGVO (rechtlicher Überblick siehe hier).

Die Kampagne gegen das o. g. Portal im Auftrag eines/einer bestimmten Facharztes/Fachärztin (FA/FÄ) richtete sich in mehreren Abstufungen an Verantwortliche des Unternehmens und dann sukzessive auch an Personen im Unternehmensverbund, also nach und nach an höhere Hierarchiestufen, zumeist per E-Mail und über Telefonate. Befasst mit der Kommunikation war zudem die angestammte Anwaltskanzlei des Hauses. Die Position des FA/der FÄ ist sehr simpel: Ärztebewertung dieser Art sei unseriös, schade (auch an einem Beispielfall) ggf. einer Arzt-Patientenbeziehung, Zustimmung zur Listung habe es nie gegeben, das Qualitätsmanagement und der damit verbundene Datenschutz seien nicht wirklich gewährleistet, zudem müsse man manche Klientel (Bewerter/Kommentatoren) einfach vor sich selbst schützen. Die Forderung: Profil komplett löschen/auslisten.

Interessant an dieser Kampagne, die ja noch läuft, und die bislang kaum Zählbares für das Anliegen der Fachärztin/des Facharztes ergeben hat: Im Zuge der hektischen Kommunikation von i. w. S. „Gegnerseite“ wurde noch einmal vollkommen deutlich, wie sehr solche Portale den Datenschutz verletzen können (also damit gegen ihre eigenen Geschäftsbedingungen verstoßen), wie wenig sie für den Schutz ihrer anonymen Bewerter (Patient/inn/en) tun oder zu tun bereit sind, und wie sehr die Tatsache, dass die meisten Ärzte dort "zwangs"gelistet sind, in eine – ja oft sensible – Arzt-Patientenbeziehung eingreifen kann. Und wie wenig diese Portale die Patienten gegen sich selbst schützen, auch im rechtlichen Sinne unkluge Kommentare verhindern.  

Paradox an dem Fall ist zudem, dass eine juristische Auseinandersetzung - die bislang überhaupt nicht in Erwägung gezogen wird (zu lang und viel zu viel unnötiger Aufwand) - plötzlich sogar auf Grundlage der Erkenntnisse der Kampagne selbst möglich scheint. Warum? Im Zuge der Kampagnerecherchen haben sich jede Menge theoretisch für den konkreten Fall juristisch 1a verwertbare und schriftlich (oder über Screenshots) fixierte Fakten aufgetan, vor allem über Fehler, die das Qualitätsmanagement (QM) des Portals aus Unkenntnis, unter Druck oder in Hektik fabriziert hat.

Eine Kampagne, die ja eigentlich fast ausschließlich über Kommunikation geführt wird, kann also sogar rechtlich Verwertbares zutage fördern. Das gilt natürlich vor allem für Investigativkampagnen. Dann gibt und gäbe es plötzlich eine weitere Option (die rechtliche) im Spiel der Kräfte, wie man am besten seine initiativen Ziele verfolgt – und erreicht. Fortsetzung folgt.


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