Das Kampaigning um die Rettung der katholischen Schulen in Hamburg: gelungen - oder gerade nicht?
(sel) 18.10.2019. Vor fast zwei Jahren begann die Auseinandersetzung um die Schließung (oder Teilschließung) der 21 angesehenen Schulen in Trägerschaft des nach eigener Darstellung überschuldeten Hamburger Erzbistums. Die Empörung war quer durch die ganze Stadt groß, das öffentliche Echo auch. Schnell gründeten sich im Netzwerk der Elternschaft und bei sonstigen Multiplikatoren schlagkräftige Initiativen (etwa hier) und begannen, zu kampaignen. Es gelang, das mediale Interesse kontinuierlich am Kochen zu halten. Demos fanden statt. In Sachen PR war die Kampagne also erst einmal sehr erfolgreich und gelungen. Was möglicherweise versäumt wurde – oder viel zu spät in die Wege geleitet – war entsprechender Druck abseits der medialen und gesellschaftlichen Öffentlichkeit auf maßgebliche Multiplikatoren und Entscheider: das Erzbistum selbst natürlich, die begüterte katholische Kirche in Deutschland insgesamt, die Hamburger Politik oder auf die Netzwerke einflussreicher Katholiken in der Stadt. Anders lässt sich nicht erklären, dass die Kampagne fast zwei Jahre nach ihrem Aufkommen zwar weiter öffentlichkeitswirksam gut und professionell funktioniert, aber bislang nichts wirklich Zählbares erreicht hat. Jetzt, nahezu Jahre später, melden sich plötzlich Lokalprominente in den Medien zu Wort und kritisieren die katholische Kirche Hamburg sowie den Erzbischof persönlich, melden vor allem Zweifel an den vorgelegten Zahlen zur Wirtschaftlichkeit an. All das hätte incl. informellem Druck schon deutlich früher passieren können und müssen. Der Kampagne mangelt es also trotz aller scheinbaren Professionalität und sehr guten Voraussetzungen (in Hamburg etabliertes Elternnetzwerk) an Kenntnissen darüber (oder dem Willen dazu), wie man schnell und gezielt Druck auf Entscheider und Multiplikatoren ausübt. Zudem hätte schon Anfang 2018 eine investigative Recherche möglich sein müssen, die seriös und faktenbasiert deutlich gemacht hätte, dass die von der Kirche vorgelegten Zahlen vielleicht gar nicht stimmen. Nur Meinung und Öffentlichkeitsarbeit, und sei es auch gute, reicht bei einer Kampagne einfach oft nicht aus. Zudem muss das Timing stimmen: schnell gewinnt fast immer vor langsam. Ein oder zwei Jahre später ist auch ein großer Skandal oft Schnee von gestern – oder es sind in der Zwischenzeit längst Fakten geschaffen worden.